Als Enzo Ferrari seine Fabrik gründete, sorgte er dafür, dass sie von Anfang an über eine eigene Gießerei verfügte. Seitdem hat sich die Automobiltechnologie natürlich enorm verändert. Aber zu sehen, wie ein Motor aus flüssigem Metall zum Leben erweckt wird, ruft immer noch zeitlose Emotionen hervor
In den Anfangsjahren hatte Ferrari eine eigene Gießerei, um Motorteile herzustellen. Wie viele andere Autohersteller auch. In Maranello steht man damit mittlerweile fast alleine da. Heute beschäftigt die hauseigene Gießerei mehr als 100 hochqualifizierte Handwerker, die in aufwändiger Arbeit verschiedenste Teile herstellen, von Zylinderköpfen über Motorblöcke bis hin zu Motorgrundplatten.
In Wahrheit machen sie sich heutzutage selten ihre Hände schmutzig; das Verfahren läuft so sauber ab, dass sie meist weiße Baumwollhandschuhe tragen. Der gesamte Konstruktionsprozess basiert auf einer Reihe von Formen, die zur Herstellung präzise kalibrierter Motorteile verwendet werden. „Die Grundlagen haben sich im Vergleich zu den ‚alten Zeiten‘ kaum verändert“, sagt Federico Santini, Head of Engine Components. Er vergleicht den gesamten komplexen Prozess mit der Arbeit eines Konditors, der Teig in Backformen füllt, die eine negative Abformung des beabsichtigten Endprodukts sind. Das Know-how der Gießerei umfasst verschiedene Disziplinen. „Es ist teils Chemie, teils Metallurgie, teils Maschinenbau“, erklärt Santini. Dieses vielfältige Fachwissen wurde im Laufe der Jahrzehnte weitergegeben und durch Schulungen am Arbeitsplatz ergänzt. „Dann gibt es ein paar patentierte Aspekte in Bezug auf einige der Behandlungen, Dinge, die wir lieber für uns behalten.“
In der ersten Stufe wird ein ‚Kernkasten‘ mit einem Sand-Harz-Gemisch gefüllt, dessen Bindemittel nicht genannt wird. Um das Gemisch abzudichten, wird Druckluft hineingeblasen. „Das nennen wir den ‚Kernkasten‘, der ‚eingeschossen‘ wird“, sagt Santini. „Ein bisschen wie eine Kuchenform, die in den Backofen kommt.“ Das Ganze wird dann durch Ersticken in Schwefeldioxidgas gehärtet. Eventuelles Restgas wird ‚weggespült‘, indem Druckluft über den ‚Kern‘ geblasen wird. Die resultierende verdichtete Sandform wird dann entnommen. Im esoterischen Vokabular der Gießerei wird diese zarte Form anschaulich als ‚anima‘ – eine ‚Seele‘ – bezeichnet.
„Es ist im Grunde genommen eine Umkehrung der Form, des Motorteils, das wir zu erzeugen versuchen“, sagt Santini. Seine feine Struktur wird notwendigerweise durch Eisendrähte mit einem Durchmesser von einem Millimeter oder weniger verstärkt. Diese heikle Aufgabe wird von einer sehr ruhigen, behandschuhten Hand ausgeführt. Die ‚anima‘ bzw. der ‚Kern‘ wird dann sorgfältig ‚entfleischt‘ – überschüssiges Material wird von Hand entfernt, wodurch Hohlräume entstehen und so weiter. Oft wird eine Mischung aus ‚Kernen‘ zusammengeklebt, um dem gewünschten Motorteil zu ähneln.
„Für ein einzelnes Teil können bis zu einem Dutzend separater ‚Kerne‘ benötigt werden“, sagt Santini. „Zum Beispiel könnte es der Zylinderkopf eines V12-Motors sein.“ Diese werden zuvor mit Zirkon behandelt, wodurch verhindert wird, dass die provisorischen Eisendrähte mit dem flüssigen Aluminium verschmelzen. „Der ‚Kern‘ kommt dann in eine Druckgussform, die mit flüssigem Aluminium befüllt wird, um die Hohlräume auszufüllen, und wird bis zu zehn Minuten gehärtet“, erklärt Santini. Der Aluminiumgussprozess wird während des Kokillengusses sowohl hinsichtlich des Eintrittswinkels als auch der Fließgeschwindigkeit genau berechnet. Dabei wird metallostatischer Druck induziert – ein Phänomen von geschmolzenem Metall in flüssigem Zustand – sodass Luftblasen entfernt werden, die eine potenzielle strukturelle Gefahr für jedes Motorteil darstellen.
Herauskommt das tatsächliche Motorbauteil. Vom heißen Gussstück werden alle Sandrückstände und die Eisendrähte entfernt. Wieder von Hand. Der gleiche komplexe Modus Operandi wird für eine Vielzahl von Ferrari-Motorteilen verwendet, von denen bis zu 150 im Rahmen einer Formenserie hergestellt werden.
„Wir fertigen alle Zylinderköpfe für den V12-Motor direkt hier in der Gießerei in Maranello“, sagt Santini mit sichtlichem Stolz. Eine derartige Präzisionsmechanik bedeutet, unter Extrembedingungen zu arbeiten: „Je mehr man ins Extreme geht“, argumentiert er, „desto mehr braucht man die menschliche Note.“