Dieser seltene 250 GT Boano, eine der frühesten – und schönsten – Kooperationen von Pinin Farina und Ferrari, begann sein Leben 1956 bei einem Pariser Aristokraten. Dank der vierjährigen liebevollen Arbeit des Classiche Departements erstrahlt er heute wieder in alter Pracht
Makellose Eleganz, die sich in einer nahezu minimalistischen Reinheit ausdrückt und eine außergewöhnliche formale Ausgewogenheit besitzt. Die 1956 von Boano gefertigte Karosserie des 250 GT war eine kühne Absichtserklärung von Battista ‚Pinin‘ Farina, die eine fast symbiotische Beziehung zwischen dem Designer und Enzo Ferrari vorwegnahm, deren technische Exzellenz durch einen wesentlichen Designstil zum Ausdruck kommen sollte.
Diese kreative Beziehung wurde 1951 bei einem mittlerweile legendären Treffen in einer Trattoria im Städtchen Tortona aus der Taufe gehoben. Dort legten die beiden Männer den Grundstein für eine Allianz, die in die Automobilgeschichte eingehen sollte. Der 250 GT Boano war das Ergebnis einer perfekten Kombination aus den eleganten Formen eines Grand Tourers für eine anspruchsvolle Klientel und den technischen Eigenschaften und Leistungen eines Rennwagens.
Mit dem 250 GT begab sich der Elite-Karosseriebauer 1956 erstmals in die Welt der Serienproduktion – wobei ‚Serie‘ in diesem Fall eine Auflage von etwa achtzig, praktisch identischen Exemplaren bedeutet. Diese Zahl war damals für Hochleistungssportwagen, die aufgrund der sehr geringen Stückzahlen im Allgemeinen als ‚Sondermodelle‘ bezeichnet wurden, unerhört hoch. Da er zahlreiche andere Verpflichtungen hatte und nicht schnell genug ein entsprechendes Montageband einrichten konnte, beschloss Pinin Farina, die Dienste von Mario Boano in Anspruch zu nehmen, seinem ehemaligen Konstrukteur, der inzwischen zusammen mit Luciano Pollo eine Karosseriewerkstatt betrieb und Karosserien für verschiedene Automobilhersteller herstellte. Daraus entstand der Beiname ‚Boano‘, eine praktische Möglichkeit, um diesen Ferrari von anderen zu unterscheiden.
Vom Design her ist der 250 GT Boano ein Coupé mit dreiteiligem Stufenheck und einem ausgeprägten Heckvolumen, das den Wagen länger erscheinen lässt, als er tatsächlich ist. Die stilistische Lösung, den vorderen und hinteren Kotflügel mit einer einzigen Linie zu verbinden, verleiht dem Fahrzeug eine für seine Gattung ungewöhnliche Eleganz, während die geräumige Passagierkanzel mit großzügiger Glasfläche und schlanken Säulen für ein helles und luftiges Ambiente im Innenraum sorgt. Kurzum, ein Ferrari durch und durch für einen Kunden, der Schönheit zu schätzen weiß. Baron Élie de Rothschild, der ursprüngliche Besitzer des Wagens, war ein solcher Mensch. Das Besondere an diesem Exemplar ist die Sickenlinie an der Flanke, die unmittelbar hinter dem Türgriff in den hinteren Kotflügel übergeht. Bei Pinin Farinas ursprünglichem Entwurf war dies eine muskulöse Note, die bei den späteren ‚Boano‘-Modellen zugunsten einer durchgehenden Schulterlinie eliminiert wurde.
Ein weiteres einzigartiges Merkmal waren die drei Aluminiumspeichen des Lenkrads und der glatte Holzkranz. Doch das von Baron de Rothschild in Auftrag gegebene Coupé besaß noch eine weitere ungewöhnliche Eigenschaft: Er hatte dieselbe Fahrgestellnummer – 0367 GT – wie der vorhergehende Ferrari des Pariser Bankiers.
Um lästigen Papierkram und die wiederholte Zahlung von Zulassungssteuern zu vermeiden, baten die Fahrer Ferrari häufig darum, dieselbe Fahrgestellnummer wie bei einem früheren Auto zu verwenden, damit sie die Zulassungspapiere einfach mit den Angaben zum neuen Motor und zur neuen Karosserie aktualisieren konnten. In diesem Fall bat Baron de Rothschild Ferrari, die Fahrgestellnummer seines neuen ‚Boano‘ (0511 GT) durch die Nummer des 250 GT ‚Europa‘ zu ersetzen, den er zwei Jahre zuvor, im Oktober 1954, gekauft hatte. Die neue Fahrgestellnummer wurde direkt im Werk auf das Chassis gestanzt, wie aus den Unterlagen hervorgeht, die vor kurzem bei der von den Experten von Ferrari Classiche im Auftrag des neuen Besitzers, eines diskreten Schweizer Geschäftsmannes, durchgeführten Restaurierung entdeckt wurden.
Das vier Jahre dauernde Restaurierungsprojekt umfasste alle Aspekte des Wagens, von der Karosserie bis zum Fahrgestell, vom Motor bis zum Getriebe, wobei eine perfekt erhaltene Original-Hinterachse und ein Differential entdeckt wurden. Sein Getriebe gehörte zu den seltenen ‚Boano‘-Exemplaren, bei denen sich der erste Gang oben rechts befand. Nach der sorgfältigen Restaurierung erstrahlt der Wagen wieder in seinem ursprünglichen Glanz und sieht aus wie am Tag seiner ersten Lieferung nach Paris, in einer bezaubernden pastellgrauen Lackierung mit unverkennbar französischen, gelben Scheinwerfern.
Aus Ausgabe 62 des The Official Ferrari Magazine. Klicken Sie hier, um sich anzumelden