Allerbeste Feinde
Marco della Cava
Ein neuer Dokumentarfilm blickt auf die große Rivalität zwischen Ford und Ferrari in den 1960ern zurück
Als Filmtitel ist „The 24 Hour War“ (übersetzt: Der 24-Stunden-Krieg) ein wenig irreführend. Der neueste kunstvolle Dokumentarfilm der erklärten Rennwagen- und Film-Liebhaber Adam Carolla und Nate Adams ist keine Chronik eines 24-Stunden-Rennens, sondern des jahrelangen Kampfes zwischen Ferrari und Ford um die Vorherrschaft beim legendären Le Mans-Rennen Mitte der 1960er Jahre.
Was war das doch für ein Krieg: furchteinflößende Rennmaschinen, verwegene Ingenieure und mutige Fahrer in einem buchstäblich todesverachtenden Wettbewerb, der dem Sieger nicht nur Anlass zum Prahlen, sondern auch den finanziellen Profit aus der Marketing-Maschinerie einbrachte.
Ford hatte sich vor dem Duell mit Ferrari vor einem halben Jahrhundert schon beinahe von seinem Mantra „am Sonntag Rennen fahren, am Montag verkaufen“ verabschiedet. Und Ferrari, wo sich alles um die Rennen drehte, war vor allem als Rennteam bekannt, das zufällig auch Autos verkaufte.
Als sich nach dem Duell die Wogen wieder geglättet hatten, sollte Ford für immer und ewig mit den Heldentaten seines GT40 in Verbindung gebracht werden. Ferrari wiederum wurde - zum Teil dank der fesselnden Fernsehberichterstattung - über Nacht zum Hersteller jener roten Autos, die die Fantasien vieler zukünftiger amerikanischer Autokäufer beflügelten.
„Diese Rivalität führte dazu, dass die Allgemeinheit mehr über Ferrari erfuhr und wofür die Marke stand“, sagt Adams, der zusammen mit TV-Star und Rennfahrer Carolla für einen Dokumentarfilm über die Automobil-Leidenschaft von Paul Newman „Winning: The Racing Life of Paul Newman“ und, in Kürze auch, für Filme über das Vermächtnis von Carroll Shelby und des afro-amerikanischen Rennpioniers Willy T. Ribbs verantwortlich zeichnet.
„Alle Welt sah, dass ein Unternehmen [Ford] zum ersten Mal in der Geschichte des Rennsports Millionen von Dollar ausgab, nur um zu gewinnen“, so Adams. „Ferrari zog sich nach diesem Duell [als Werksteam] weitgehend aus Le Mans zurück und konzentrierte sich auf die Formel Eins. Sie erkannten, dass sie bei den Ausgaben nicht mit Ford mithalten konnten. Letztendlich brachte dies alles den sündteuren Kampf um den Sieg ins Rollen, den wir jetzt auf vielen Ebenen des Rennsports beobachten.“
Als er und Carolla A.J. Baimes Buch „Go Like Hell“ aus dem Jahr 2009 über den Kampf zwischen Ferrari und Ford lasen (über dessen Verfilmung lange gemunkelt wurde), erzählt Adams, wussten sie, dass alle „Zutaten“ für ein packendes Dramas gegeben waren.
Nachdem Enzo Ferrari in den frühen 1960er Jahren ein Kaufangebot von Henry Ford II. ausgeschlagen hatte, schwor sich der Unternehmer aus Detroit, auf der Rennstrecke Rache zu nehmen. Aber nicht auf irgendeiner Rennstrecke. Le Mans war nicht nur das härteste Rennen für Fahrer und Autos, es war auch der Ort, an dem Ferrari mit seinem Aufgebot an 250ern und 330ern, sowie sechs Siegen in Folge zwischen 1960 und 1965 (dank Fahrern wie Paul Frère und Weltmeister Phil Hill) praktisch unbezwingbar war.
Wie „The 24 Hour War“ aufzeigt, begab sich Ford, angeführt von Carroll Shelby, in diese Höhle des Löwen. Dieser befehligte eine bunt gemischte Truppe von Youngstern, die in aller Eile Autos montierten, die nicht hielten, was sie versprachen, und 1965 für einen Totalausfall sorgten.
„Es ist schwer nachzuvollziehen, wie viel Arbeit auf beiden Seiten in Konstruktion, Design, Set-up und Testen eines Rennautos gesteckt wurde, das dann 24 Stunden lang nicht kaputtgehen durfte“, so Adams. „Auf dieser Strecke wurden buchstäblich Blut, Schweiß und Tränen vergossen.“
1966 war Ford das Schicksal dafür richtig hold. Obwohl ihnen Ferraris kurvige P3 und P4 ständig bedrohlich nahe kamen, holten sich in den nächsten vier Jahren in Le Mans ausschließlich Fahrer eines Ford GT40 Mk II oder GT 40 Mk I Gulf - Rennfahrer mit heute legendären Namen wie Bruce McLaren, A.J. Foyd und Dan Gurney - die Sieger-Trophäe auf dem Circuit de la Sarthe.
Nach 1969 kehrten weder Ford noch Ferrari jemals auf jenes Podium zurück, um als Hersteller die Siegeslorbeeren zu ernten.
„Ford mag am Ende mit den Siegen gegen Ende der 1960er Jahre als Gewinner hervorgegangen sein, aber der erstaunliche Teil dieser ganzen Geschichte ist für mich die Dualität“, erklärt Adams. Enzo Ferrari lebte buchstäblich für den Rennsport, und verkaufte Sportwagen widerwillig aus der Notwendigkeit heraus. Henry Ford II. hatte den Rennsport beinahe ad acta gelegt, steckte dann aber all seine Ressourcen in den Sieg gegen seinen Rivalen auf der größten Bühne, die er finden konnte. Es war ein Wettrüsten, aber auf einer Rennstrecke.“
Der Film The 24 Hour War ist auf iTunes, Amazon (in den USA) und auf www.chassy.com verfügbar.