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19 Jul 2022

Lautstark zurück ins Leben

Leidenschaft

Lautstark zurück ins Leben

Als ein Sammler einen altersschwachen, aber historischen F1-Einsitzer aus den späten 60er Jahren vorbeibrachte, sah es nach einer unlösbaren Aufgabe aus. Von dem ursprünglichen Motor war fast nichts übrig geblieben. Doch die Classiche-Restauratoren in Maranello nahmen die außergewöhnliche Herausforderung an, den Wagen fast von Grund auf neu zu bauen

Text: Umberto Zapelloni

Foto: A.Ceccarelli, A.Bianchetti/Red Focus

In der Ferrari Classiche-Abteilung werden unmögliche Dinge möglich. Die Leute, die es seit langem gewöhnt sind, an allen Arten von Motoren und Wagen zu arbeiten, lassen sich durch nichts aufhalten. Dabei halten sie sich an die Originalzeichnungen, die sorgfältig in einem Archiv aufbewahrt werden, das dem „Fort Knox“ der Oldtimer gleichkommt. Zuletzt haben sie einen Einsitzer aus den späten 1960er Jahren erfolgreich wieder auf die Strecke gebracht. 


Irmo Costantini, einer der führenden Köpfe in der Abteilung für die Motorenmontage und jetzt Leiter der Classiche-Werkstatt; Luigi „der Juwelier“ Musi, der Chef-Motorenbauer von Classiche, nachdem er während der Mansell-Ära in der Formel 1 gearbeitet hatte; Stefano Tassi, der Motormechaniker: Mit vereinten Kräften erweckten diese „Zauberer in Rot“ den 12-Zylinder-Motor eines 312er wieder zum Leben. 





Formen vor dem Zusammenbau zum Gießen; Für den Gießvorgang ist eine sorgfältige Positionierung erforderlich; 3D-Druck im Gange; Gießarbeiten im Gange; 3D-gedruckte Ölpumpenabdeckung; Sand wird nach dem Gießen entfernt




Es handelt sich dabei um keinen gewöhnlicher Einsitzer, sondern um den 312 F1 von 1967 mit der Fahrgestellnummer 0007, der Ende 1967 und Anfang 1968 von Chris Amon und anschließend von Derek Bell im Gold Cup 1968 und im US Grand Prix desselben Jahres gefahren wurde. Ein Wagen, der beim Großen Preis von Belgien 1968 als erster Formel-1-Rennwagen mit einem Heckflügel Geschichte schrieb. 


Diese Innovation war die geniale Idee von Mauro Forghieri, dem damaligen Leiter des Rennteams. Der legendäre Forghieri war ein Mann, der ein ganzes Formel-1-Auto von der ersten bis zur letzten Schraube entwerfen und dann technisch umsetzen konnte. Der jetzige Besitzer des 312 F1, ein französischer Sammler, kam zum ersten Mal nach Maranello, nachdem der Wagen ihn bei einem historischen Autorennen im Stich gelassen hatte. 





3D-Modellierung des Motorblocks; Nockenwellenstützen; Arbeiten an Motorblockkomponenten; Einstellen der Guillotinen; Nockenwellenspiel prüfen




Das Auto ist von herausragender Bedeutung. Also machte sich die Abteilung Classiche in Maranello sofort daran, die Originalzeichnungen der damaligen Zeit aufzutreiben und den Motor in seiner ursprünglichen Form wiederherzustellen, einschließlich der Mängel. Lediglich beim Kurbelgehäuse wurde von Magnesium auf Aluminium umgestellt, um es verlässlicher und benutzbarer zu machen. Die Motorkonfiguration wurde von den Originalzeichnungen übernommen, die Köpfe wurden überprüft und anschließend restauriert. Es wurden praktisch nur die Zylinderköpfe des Motors, der im Werk angekommen war, gerettet.  


Das Kurbelgehäuse und andere Teile wurden in der Gießerei hergestellt.  Auf der Grundlage von Originalzeichnungen wurde ein 3D-Modell angefertigt. Die Ingenieure waren von der Professionalität der Kollegen von damals begeistert: „Wir schätzten das große Können unserer damaligen Designer, die in 2D zeichneten. Aber in 3D dachten“, so die Classiche-Ingenieure von heute. Das fertige Modell wurde nachgebaut. Das grobe Modell mit Überlagerungen für die spätere Bearbeitung, die Kerne und die kastenlosen Formen wurden alle für Gießsimulationen und dann für das eigentliche Gussstück reproduziert. 


 




Mauro Forghieri, Technischer Direktor der Scuderia, behält den Belgien F1 GP 1968 im Auge




Der Motor ist außergewöhnlich, fast ausgehöhlt wie eine Kathedrale, und die Gussstücke mussten bearbeitet werden. „Es ist ein außergewöhnlicher Motor mit Öl- und Wasserkanälen, die praktisch oben an den Zylindern angebracht sind. Es ist alles integriert. Er hat nicht einmal eine Motorölwanne.“ Der Bau dieses Motors im Schwerkraftgussverfahren war so komplex, dass für ein perfektes Ergebnis zwei Gussstücke erforderlich waren, um den Öl- und den Wasserkreislauf zu trennen. Mit dem Expertenwissen von Ferrari beim Gießen konnte der Motor jedoch in nur drei Monaten fertiggestellt werden, wobei die Anschlaggummis speziell vom ursprünglichen Lieferanten angefertigt wurden.  


Dank der Leidenschaft der Mitarbeiter der Rennabteilung konnte ein Motor entwickelt werden, der dem Original so ähnlich wie möglich ist. Ein Kunstwerk. Und mit den 2989,56 cm³ eines 60°-V12 hat er einen Sound, der nicht zu überhören ist.





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