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Leidenschaft

Eine besondere Beziehung

Niki Lauda und Clay Regazzoni – zwei scheinbar sehr unterschiedliche Charaktere – haben mit ihrem Mut und ihrem Einsatz eine ganze Generation von Fahrern inspiriert
Text: Davide Marchi

Ende 1975 und fünf Ferrari-Ikonen auf demselben Foto. Im Hintergrund zwei Exemplare des legendären 312 T Formula 1 racer mit dem technischen Direktor und Designer Mauro Forghieri; im Vordergrund der 308 GTB, der gerade auf dem Pariser Autosalon vorgestellt worden war, und die beiden Scuderia-Fahrer Niki Lauda und Clay Regazzoni.

Das Foto wurde an einem Testtag in Fiorano nach dem Ende der Saison 1975 aufgenommen, als Lauda seinen ersten Weltmeistertitel holte. Der 308 GTB, der Urahn der 8-Zylinder-Sportwagen aus Maranello, war dabei, weil die beiden Rennfahrer darum gebeten hatten, ihn zu testen. Sie waren fasziniert von seiner attraktiven Silhouette, vor allem aber von seiner Leistung. Er wog nur etwas mehr als 1.000 kg – dank seiner Fiberglas-Karosserie – und konnte problemlos 250 km/h überschreiten, ein Leistungsgewicht, das die beiden Formel-1-Fahrer beeindruckte. Auf dem Foto unterhalten sich Niki und Clay, wahrscheinlich über technische Belange.


Oben: Niki Lauda (links) und Clay Regazzoni machen eine Pause während der Tests in Fiorano im Jahr 1975

Sie hatten von Anfang an eine besondere Beziehung zueinander, auch wenn sie auf den ersten Blick wenig gemeinsam hatten. Niki hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass er ohne Clay nie bei Ferrari gelandet wäre. „Aber mit meinen Ergebnissen habe ich zweifellos einen guten Eindruck hinterlassen“, sagte Niki bei einer Veranstaltung im Jahr 2016. Über Clay sagte er: „Er liebte das Leben, er war sehr nett, ein respektabler Mensch, mit dem ich immer gut auskam. Wir waren gar nicht so verschieden, wie die Leute dachten.“

2006, nicht lange vor seinem Tod, sagte Clay über Niki: „Wir hatten nicht viel gemeinsam. Ich lebte das Leben von Tag zu Tag und machte mir nie allzu viele Gedanken über das Gewinnen. Ich wollte Spaß haben, sowohl im Auto als auch außerhalb. Aber Niki war auf Sieg programmiert, ein Workaholic am Auto, der das Leben nicht so sehr genoss.“ In der Tat ist es schwierig, Fotos zu finden, die den Österreicher ohne Rennanzug zeigen. Man sah ihn selten lächeln, und er wirkte immer beschäftigt, konzentriert und entschlossen.


Oben: Lauda und Regazzoni waren in den F1-Saisons 1974, 1975 und 1976 Teamkollegen bei der Scuderia

Clay hatte immer ein Lächeln auf den Lippen, und seine Fotos zierten damals die Seiten vieler Zeitschriften. Er war glücklich, im Fernsehen aufzutreten; einmal tanzte er sogar mit der Popkultur-Ikone und Sängerin Raffaella Carrà. Und doch wurden die beiden Männer zu unterschiedlichen Zeiten und auf ihre eigene Weise zu inspirierenden Vorbildern. 1976 hatte Niki den berüchtigten Unfall auf dem Nürburgring, bei dem er schwere Verbrennungen erlitt; nur 42 Tage später saß er wieder am Steuer. Er war eine Inspiration für viele, die sich in ähnlichen Situationen befanden. Der Österreicher gewann noch zwei weitere Weltmeistertitel, unter anderem 1977 mit Ferrari.

Oben: Regazzoni und Lauda posieren mit dem legendären Formel-1-Rennwagen Ferrari 312 T

Clays Zeit bei der Scuderia endete noch im selben Jahr, aber er fuhr weiterhin in der Formel 1 mit anderen Teams. 1980 fuhr er für Ensign ein Rennen in Long Beach, als seine Bremsen versagten; er raste ungebremst in das Heck eines liegengebliebenen Wagens. Dabei erlitt er schwere Verletzungen an Beinen und Wirbelsäule, und blieb aufgrund einer verpfuschten Operation für den Rest seines Lebens querschnittsgelähmt. Obwohl er an den Rollstuhl gefesselt war, konnte Clay den Motorsport nicht aufgeben. Er nahm an Rallyes teil, unter anderem an der gefürchteten Dakar, in Autos mit speziell angepassten Handsteuerungen, die auch in Straßenautos für Querschnittsgelähmte eingesetzt werden. Es scheint, als hätte Niki Recht gehabt: Er und Clay waren letztlich doch nicht so verschieden.