Als Marke hat Ferrari es schon immer verstanden, mit einem breiten Publikum in Kontakt zu treten. Im Juni hat die Marke unter der kreativen Leitung von Rocco Iannone eine neue Modekollektion auf den Markt gebracht. Bei der neuen Linie geht es nicht nur um Kleidung, sondern, wie bei den Autos aus Maranello, vor allem um die Philosophie der Marke: exklusiv, aber niemals ausgrenzend
Der Rocco, von dem Nicola Boari spricht, ist Rocco Iannone. Mit einer Vergangenheit als kreativer Kopf bei Pal Zileri und zuvor als Menswear Designer bei Giorgio Armani und Designer bei Dolce & Gabbana, ist Iannone seit dem 4. November 2019 Brand Diversification Creative Director bei Ferrari.
Sein erstes Ziel: eine neue Kollektion für Herren, Damen und Kinder zu entwerfen, die wirklich in Einklang mit den Werten von Ferrari steht. Diese Kollektion wurde am 13. Juni im Rahmen einer speziellen Modenschau entlang der Montagelinien in Maranello präsentiert.
Ein Blick in den Mailänder Showroom zeigt Iannone bei der Arbeit, Skizzen von Artikeln für die neue Ferrari-Modelinie und Prototypen von Kleidungsstücken auf Schaufensterpuppen
Nicola Boari fährt fort: ‚Als ich Rocco bei unserem ersten Treffen die Idee erklärte, sagte er zu mir: „Wenn Sie eine Nischenkollektion für einige wenige im Kopf haben, kann das funktionieren, aber dafür bin ich nicht die richtige Person. Wenn Sie sich stattdessen selbst auf die Probe stellen und ein Projekt für wirklich alle starten wollen, dann bin ich dabei.“ Er hat voll und ganz verstanden, was wir wollten.‘
Der 37-Jährige, der neben Boari sitzt, nickt und ergänzt: ‚Das Ferrari-Ideal besitzt eine ungemeine Kraft. In seiner über 70-jährigen Geschichte hat Ferrari die Entwicklung der italienischen Kultur begleitet und ist ein Teil von ihr geworden: meine eigenen Vorstellungen von Ferrari haben sich durch Kino, Musik und den Mythos rund um die Marke entwickelt.‘
Das war der Ausgangspunkt für Iannone, um eine Modekollektion zu konzipieren, die ein wirklich großes Zielpublikum ansprechen könnte: ‚Die Anziehungskraft der Marke auf die breite Öffentlichkeit ist nicht zu leugnen. Sie ist Teil des Lebens aller Menschen, unabhängig von ihrem Wohlstand und ihren Interessen. Daher war es unerlässlich, mit dieser Denkweise zu arbeiten und die Rolle der Marke in der Gesellschaft zu respektieren. Ferrari ist eine exklusive, aber nicht ausgrenzende Marke.‘
Die Show zur Enthüllung von Ferraris erster Luxus-Modekollektion fand an der Produktionslinie in der Fabrik des Cavallino Rampante in Maranello in Italien statt
Verarbeitung, Materialien und Design spiegeln die Ferrari-Ethik wider, mit Ergebnissen, die auch für diejenigen zugänglich sind, die Boari als Markenbewunderer bezeichnet – also nicht nur für eingefleischte Fans. ‚Natürlich gibt es auch richtig luxuriöse Elemente in der Kollektion, denn 10 Prozent derer, die unsere Stores besuchen, sind Ferraristi. Aber neben einem Ledertrench um 3.000 Euro hängt ein 130-Euro-T-Shirt, das mit der Sorgfalt und dem Sinn für Ästhetik hergestellt wurde, die uns ausmachen, so dass es vom Träger oder von der Trägerin als Luxusprodukt wahrgenommen wird.‘
Diese Strategie hat dazu geführt, dass das Warenangebot im Vergleich zum Durchschnitt etwas „schlanker“ ist: eine einzige, jährliche Kollektion – ohne Saisonalität – begleitet von einer Reihe von saisonalen Capsule-Kollektionen im Laufe des Jahres. Sie wird in den Ferrari-eigenen Stores – an insgesamt weniger als 20 Standorten – sowie online angeboten werden, mit einem ersten Fokus in Italien, den Vereinigten Staaten und den Vereinigten Arabischen Emiraten und im Jahr 2022 dann in China.
Nicola Boari, Ferrari Chief Brand Diversification Officer (links) zusammen mit Rocco Iannone, dem neuen Brand Diversification Creative Director der Marke, im Mailänder Showroom bei der Durchsicht von Skizzen für die Ferrari-Modekollektion
Was war im Hinblick auf die Strategie und die kreativen Möglichkeiten die eigentliche Herausforderung für Iannone? ‚Ich denke, der Schlüssel liegt darin, die grundlegenden Werte von Ferrari nicht aus den Augen zu verlieren und gleichzeitig eine zeitgemäße Interpretation dieser Werte anzuwenden. Das Erscheinungsbild der Marke hat sich immer zusammen mit dem historischen Kontext entwickelt. Ich sehe mich als Interpret dieses Phänomens: Ich habe die visuellen Codes und Riten dieses Universums so aktualisiert, dass sie auch für ein jüngeres Publikum nachvollziehbar – und ansprechend – sind. Wir dürfen nicht vergessen, dass die jungen Leute die Hauptkonsumenten von Mode sind.‘
Das Programm ist klar, aber es wird nicht unbedingt einfach umzusetzen sein. So ist diese Kollektion nicht der erste Ausflug des Cavallino Rampante in die Mode. ‚Ich denke, dass zuvor die richtige Person gefehlt hat, um die Marke zu interpretieren – so wie wir sie in den Autos interpretieren‘, überlegt Boari. ‚Niemand kauft einen Ferrari, nur um von A nach B zu kommen, und auch nicht, um schnell zu fahren. Wenn man einmal die Erfahrung gemacht hat, bleibt man aber dabei, man schätzt die Einzigartigkeit.
‚Das Gleiche gilt für Kleidung: wer braucht schon eine weitere Kollektion? Aus diesem Grund wollen wir nicht nur eine Modemarke sein, sondern einen neuen Kanal schaffen, über den wir unsere Werte vermitteln. Ich würde sagen, wir sprechen von Lifestyle‘, sagt er. ‚Buchstäblich von einem Lebensstil.‘