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05 Jan 2021Cars

DER ERSTE SERIEN-VIERRADANTRIEB

05 Januar 2021

Ben Pulman

Vor einem Jahrzehnt stellte Ferrari einen Viersitzer vor, der das Konzept des GT-Sportwagens grundlegend veränderte: den FF.


Die Abkürzung steht für Ferrari Four. Der FF hatte nicht nur vier prächtige, komfortable Sitze für den Fahrer und seine Mitinsassen, sondern er war auch der erste Ferrari mit Vierradantrieb.

Die Kombination aus hoher Leistung, unglaublicher Vielseitigkeit, erstklassigem Komfort und anspruchsvoller Eleganz begeisterte die Kunden. Der FF war einfach das vielseitigste Auto, das Ferrari je gebaut hatte. Doch die Art und Weise, wie Maranello dieses einzigartige Modell schuf, offenbart einen tieferen Hintergrund. Der Grund dafür: das außergewöhnliche, von Ferrari patentierte Allradantriebssystem, das als 4RM bezeichnet wird.

Im Gegensatz zu einem konventionellen Allradantrieb, der in ein frontgetriebenes Fahrzeug eingebaut wird, konnte beim 4RM die Architektur des Mittelfrontmotors beibehalten werden. Da der V12-Motor zur optimalen Gewichtsverteilung hinter den Vorderrädern positioniert ist, bestand die geniale, aber einfache Lösung darin, eine kompakte Power Transfer Unit (PTU) vor dem Motor zu platzieren. Über der Vorderachse angebracht, leitete die neue PTU das Drehmoment zu den Vorderrädern und verteilte es je nach Erfordernis nach links und rechts.

Das innovative Layout erlaubte eine Gewichtsersparnis von 50 % im Vergleich zum herkömmlichen Allradantriebssystem, was sich positiv auf das Leistungsgewicht auswirkte. Der niedrige Schwerpunkt wurde beibehalten, ebenso wie die für Ferrari ideale Gewichtsverteilung, bei der mehr als 50 % des Gewichts auf der Hinterachse liegen, obwohl es sich um ein Auto mit Frontmotor handelt.

Der technische Fortschritt machte auch hier nicht halt. Der neue 660 PS-Motor war der erste Ferrari V12, der mit einem F1-Doppelkupplungsgetriebe kombiniert wurde, wobei das E-Diff in das Getriebegehäuse integriert wurde, um Gewicht zu sparen. Die ausgeklügelte 4RM-Steuerelektronik ist mit dem E-Diff und der F1-Trac-Traktionskontrolle verbunden und garantiert eine hervorragende Steuerung unter allen Bedingungen. Für den Fahrer bestand die einzige Überlegung darin, welche der fünf Manettino-Positionen er wählen sollte, einschließlich einer neuen Eis-Schnee-Einstellung, die für maximale Stabilität bei Straßenverhältnissen mit geringer Haftung ausgelegt wurde.

Dies war jedoch nicht der erste Allradantrieb von Ferrari. In den späten 1980er-Jahren rief Ferrari ein spezielles Projekt ins Leben und baute zwei Konzeptfahrzeuge mit der Bezeichnung 408/4RM, um das Potenzial einer Vielzahl von Innovationen für zukünftige Serien-Ferraris zu erforschen.

Die Fahrzeuge, die zwischen 1987 und 1989 gebaut wurden, nutzten beide einen einzigartigen 4,0-Liter-V8-Motor und eines war dank einer Aluminium-Karosseriestruktur ausgesprochen zukunftsweisend. Unter Nutzung der fortschrittlichen Gießereifähigkeiten von Ferrari wurden beide Autos mit Vordertrennwänden aus Magnesium hergestellt. Die Karosserieteile wurden aus leichtem Verbundwerkstoff gefertigt, und die hydraulische Aufhängung ermöglichte die Steuerung der Fahrhöhe.

Auch der experimentelle hydraulische Allradantrieb erwies sich als vielversprechend und Ferrari meldete die Technologie zum Patent an. So kompakt wie die PTU des FF war auch die Kupplung mit geringem Durchmesser im 408/4RM. Damit wurde eine ausgeklügelte Schlupfregelung eingeführt, die den Konzeptfahrzeugen das von einem Ferrari erwartete reaktionsschnelle Handling verlieh.

Nach einer gründlichen Evaluierung der Projekte erklärte 1991 der stellvertretende Vorsitzende Piero Ferrari, dass der Allradantrieb noch nicht zur Firmenphilosophie passe, „da er das Gewicht des Autos um etwa 200 kg erhöht. In Zukunft wollen wir aber, dass unsere Autos noch leichter sind als die heutigen.“

Das war fast zwei Jahrzehnte lang die Position von Ferrari, da durch die Lehren aus dem 408/4RM und dem Nachfolgemodell Millechili („1000 Kilogramm“) das Gewicht jeder Generation von Ferrari-Straßenfahrzeugen mit Technologien wie Aluminium-Karosseriestrukturen und -Platten reduziert wurde. Erst mit dem im Januar 2011 vorgestellten FF zeigte Ferrari einen innovativen Allradantrieb, der seiner Leichtbauphilosophie entsprach.

Mit der Einführung des Ferrari GTC4Lusso im Jahr 2016 trieb Maranello die Technologie noch weiter voran. Das Herzstück des verbesserten 4RM Evo-Systems blieb die innovative PTU, die präziser denn je war und 90 % des verfügbaren Drehmoments an das äußere Rad abgeben kann. 

Im GTC4Lusso wurde erstmals das 4RM Evo mit der Hinterradlenkung kombiniert, wodurch das von Ferrari patentierte 4RM-S-System (Allradantrieb und Allradlenkung) entstand. Die Hinterradlenkung machte das Auto in Kurven noch wendiger und die hochentwickelte Fahrzeugsteuerung erlaubte es dem Fahrer, dank dem außergewöhnlichen Drehmoment des GTC4Lusso auch verschneite, nasse oder Straßen mit niedriger Haftung mühelos zu bewältigen.

Ein Jahrzehnt später ist das Ferrari 4RM-System immer noch einzigartig, und der FF und der GTC4Lusso stehen dem nicht nach. 

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