Was ist Ferrari? Viel mehr als nur ein simpler Autohersteller oder ein Rennteam, soviel ist sicher. Man könnte fast sagen: eine Urgewalt, die durch die Farbe Rot repräsentiert wird, und eines der Logos das weltweit am schnellsten erkannt wird. Und ein Lieferant für Geschichten, mit einem erzählerischen Bogen, der vieles von dem umfasst, was uns als Menschen begeistert.
Doch selbst in einer Welt, die oft wahnsinnig eng miteinander verbunden ist, steht Ferrari an verschiedenen Orten für unterschiedliche Dinge. Mit der Organisation des Vertriebsgeschäfts in verschiedene Hubs hat Ferrari sich dieser Herausforderung gestellt, Prozesse standardisiert und bewährte Verfahren auf überregionaler Basis angewendet, während gleichzeitig die lokalen Besonderheiten berücksichtigt wurden.
Aber wenn es um Amerika geht, ist das Konzept eines Hubs bereits gut etabliert. „Nordamerika hat eine Energie, die ansteckend ist. Es ist wirklich immer noch das Land der unbegrenzten Möglichkeiten“, betont Matteo Torre, seit 2017 Präsident von Ferrari North America. Sein Aufgabenbereich umfasst auch Südamerika. Ein lebhafter Markt und eine Region, die sich mit einer typisch italienischen Marke vertraut gemacht hat, noch lange bevor irgendjemand wusste, was eine ‚Marke‘ eigentlich ist. Derzeit gibt es 41 Händler in den Vereinigten Staaten, vier in Kanada und sieben in Südamerika.
Es war Luigi Chinetti, ein alter Freund und Vertrauter von Enzo Ferrari, der den Firmengründer zuerst davon überzeugte, dass die Vereinigten Staaten ein Ort sind, der seine Aufmerksamkeit verdient. Chinetti war ein formidabler Rennfahrer und dreimaliger Gewinner der 24 Stunden von Le Mans. Er war zugleich aber auch der erste offizielle Ferrari-Importeur in die ‚Neue Welt‘ und agierte von den Räumlichkeiten an der Eleventh Avenue in Manhattan aus.
Das war 1954, obwohl er Ferrari bereits seit den späten 1940er Jahren an Early Adopters in Amerika verkaufte. Bald darauf folgte das berühmte North American Racing Team (N.A.R.T.), dessen Insignien bis heute eine besondere Resonanz finden. Enzo Ferrari, der ‚Ingegnere‘, war ebenfalls ein geborener Marketingspezialist und erkannte schnell die Starqualitäten der neuen Showbiz-Elite Hollywoods.
Der esoterische Charakter dieses Marktes hält bis heute an, wie Torre bestätigt: „Ein Ferrari hat fast nichts mit den Autos zu tun, die die Amerikaner täglich fahren. Was sie aber anspricht, ist die Tradition, die Optik der Autos und die exotische Komponente. Für einen Amerikaner ist es ein Zeichen, dass er angekommen ist.“
Mit 70 Jahren Erfahrung auf dem Buckel läuft der nordamerikanische Ferrari Hub wie geschmiert. Das Büro ist jetzt in Englewood Cliffs, New Jersey, und liegt direkt auf der anderen Seite des Hudson River von Manhattan, wo sich eines der wenigen Tailor-Made-Ateliers außerhalb von Maranello befindet, an der Ecke Park Avenue und 55th Street. Torre, der dieses Jahr sein 25-jähriges Betriebsjubiläum bei Ferrari feiert, ist stolz auf die Truppe, die er in den USA mit aufgebaut hat.
„Wir haben 107 Leute im Team. Aufgrund der geografischen Lage, die wir abdecken, aber auch wegen der Komplexität dieses Marktes ist es das größte Büro außerhalb von Maranello.“ Er ist sich auch darüber im Klaren, wie wichtig Diversität am Arbeitsplatz ist. „Rund 35 Prozent des Teams sind weiblich“, betont er. „Für die Automobilindustrie in den Vereinigten Staaten sind wir wahrscheinlich der Maßstab.“
Diese renommierte Ferrari-Region verfügt ebenfalls über ein hohes Maß an Autonomie, aber trotz ihrer Bedeutung für das Geschäft entfernt sie sich nicht allzu weit vom Mutterschiff. „Die Aufgabe des Hubs besteht darin, den Markt zu verstehen, über seine Besonderheiten zu berichten und die Botschaft vom Hauptsitz in Maranello zu übersetzen“, sagt Torre.
Es gibt noch andere wichtige Trends. Die Kunden werden jünger; 40 Prozent der Besitzer eines neuen Ferraris sind jünger als 40 Jahre. „Wir sehen, dass sich die nächste Generation jetzt mit der Marke beschäftigt“, sagt Torre. „Die Popularität der Formel 1 hilft auch. Es ist jetzt eine der sichtbarsten Sportarten in den USA, und wir haben hier drei GPs sowie Rennen in Kanada, Mexiko und Brasilien.“
Auch Ferrari wächst weiter. Bei dieser Produktbandbreite und Finanzleistung hätte sich Luigi Chinetti wohl ungläubig die Augen gerieben. Torre sieht keinen Rückgang der Nachfrage nach einer ‚der‘ großen Luxusmarken. „Die Welt hat sich definitiv verändert, und wir uns auch. Wir steigern die Produktion, hauptsächlich aufgrund der Nachfrage, und das Gefühl der Exklusivität ist noch ausgeprägter als in der Vergangenheit. Es hieß immer, wir sollten ein Auto weniger produzieren als die Nachfrage. Ich kann Ihnen versichern, dass es heutzutage viel mehr als nur eines ist.“