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23 Aug 2022Magazine, Passion

Des Rennfahrers bester Freund

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Des Rennfahrers bester Freund

Technisch fortschrittliche Sturzhelme, die ständig weiterentwickelt werden, sind für die Sicherheit der Fahrer von entscheidender Bedeutung. Die besten F1-Piloten tragen Helme von Bell. Oliver Bearman, Fahrer der Ferrari Driver Academy, hat die Produktionsstätte in Bahrain besichtigt

Text: Davide Marchi

Foto: Justin Leighton

1954 wurde Bell als kleines Autoteilegeschäft in Los Angeles County gegründet. Mit Geschäftsführer Roy Richter entwickelte sich das Unternehmen zu einem Hersteller von Sicherheitsausrüstung für Autorennen sowie für den Motorrad- und Radsport. Das Unternehmen brachte zahlreiche bedeutende Innovationen heraus und schreibt sich die Entwicklung des allerersten Motorsporthelms der Welt zu. Außerdem gilt es als Erfinder des offenen Helms (dem wiederum der Integralhelm folgte) sowie als Hersteller des ersten, vollständig aus Carbonfaser bestehenden Helms.




Überschüssiges Material wird entfernt, bevor die Löcher für die Visierbefestigungen gebohrt werden




Im Laufe der Jahre eröffnete Bell verschiedene Produktionsstätten auf der ganzen Welt und entschied sich schließlich, den Großteil davon in einer Anlage zusammenzufassen. So wollte man die Effizienz steigern und Forschung und Entwicklung vorantreiben. Als Standort wählte man  Bahrain, das sich aus logistischer Sicht bestens eignete und mit dem Bahrain International Circuit ein hervorragendes Testgelände bot, das nur drei Autominuten vom Werk entfernt war. In diesem Frühjahr durfte das Official Ferrari Magazine an einer exklusiven Führung durch die Produktionsstätte von Bell teilnehmen, zusammen mit Oliver Bearman, dem 17-jährigen Piloten der Ferrari Driver Academy.


Wie für alle Besucher des Werks ging es für Oliver zunächst durch eine Ausstellung mit Helmen von Rennfahrern und Champions, die wie er auf Bell-Helme vertrau(t)en. Neben rund der Hälfte der aktuellen Formel-1-Rennfahrer gehören auch frühere Legenden wie Ayrton Senna, Jochen Rindt, Niki Lauda, Alain Prost und Jackie Stewart dazu. 





Der Helmschaum und das Gewebe werden in einer speziellen Schale zusammengefügt, nach dem Entformen wird das Material laminiert und die laminierten Strukturen werden dann bei hohen Drücken und Temperaturen ausgehärtet




An einem Helm war Bearman ganz besonders interessiert: an jenem, den der französisch-schweizerische Haas-Fahrer Romain Grosjean bei seinem schrecklichen Unfall beim Großen Preis von Bahrain 2020 trug. Grosjean überlebte das Feuer, der Helm wurde jedoch stark in Mitleidenschaft gezogen. Dass die Helmstruktur trotz der Schäden intakt blieb, darf Bell zu Recht als großen Erfolg verbuchen. 


„Es ist gut zu wissen, dass wir uns auf eine so effektive Ausrüstung verlassen können, wenn wir Rennen fahren“, zeigte sich Bearman erleichtert. „Der Motorsport hat heute ein unglaubliches Sicherheitsniveau erreicht.“ 


Im Bell-Werk sind rund 330 Mitarbeiter aus 32 verschiedenen Ländern beschäftigt. Das Gebäude ist in mehrere große Räume unterteilt, die jeweils einer bestimmten Phase der Helmentwicklung und -fertigung gewidmet sind. Der komplexe Produktionsprozess beginnt in der Schaumstoffanlage und im Kunststoffspritzguss-Zentrum, wo die Form für die Innenteile des Helms entsteht. Hier wird das speziell für Bell konzipierte Polystyrol-Graphit-Granulat expandiert, komprimiert und in Form gebracht.





Die Ferrari F1-Fahrer Carlos Sainz und Charles Leclerc tragen beide Sturzhelme von Bell





Von dort aus macht sich die Abteilung Verbundwerkstoffe an den Zuschnitt des vorimprägnierten Gewebes aus Carbon-Verbundstofffaser, das bei –21 Grad gelagert wird. Anschließend wird der Stoff zugeschnitten und ist bereit zur Formgebung der Helmaußenseite. Sobald die Formen fertig sind, geht die Arbeit erst richtig los: Die Helme werden in „männliche“ und „weibliche“ Formen unterteilt und danach von Hand mit mehreren Carbonfaserschichten umwickelt, um ihren Hauptrahmen zu verstärken. Pro Helm dauert dieser Vorgang etwa eine Stunde.


Der nächste Bereich ist der Raum für Trimmen, Bohren, Schleifen und Grundieren, in dem die Facharbeiter genau das tun, was auf dem Türschild steht. Es handelt sich um eine sehr große, in mehrere Abschnitte unterteilte Anlage, um die sich ein Regal mit halbfertigen Helmen nach dem anderen reiht – sozusagen eine beeindruckende Ausstellung von Kopfschutzausrüstung.


Im letzten Raum werden die Rohschalen in voll funktionsfähige Helme verwandelt. Nach dem Auftragen der Farbe werden in der Endmontage die Heckteile, Visiere, Funkvorrichtung, Clips und Riemen an die Helme angebracht, bevor sie an die Kunden verschickt werden. 


Im Rahmen der Führung konnte Bearman überdies sehen, wo sein eigener Helm bemalt worden war, wenn auch die Werksarbeiter bereits nach Hause gegangen waren. „Ich wollte den Menschen treffen, der ihn bemalt hat, aber er hatte schon Feierabend. Allerdings habe ich viele Helme von Leuten gesehen, die ich kenne, wie Liam Lawson und Lando Norris“, und auch die Helme, die Fernando Alonso und Esteban Ocon an jenem Rennwochenende tragen sollten. „Ich habe auch viele nachgebaute Helme gesehen, die berühmten Fahrern gewidmet sind“, schwärmte er. „Und ich habe mich gefragt, ob ich jemals erfolgreich genug sein werde, um Repliken meines eigenen Helms hier anfertigen zu lassen...“





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