Text: Sebastian Vettel
Ein neues Auto, der LaFerrari Aperta, und ein ganz besonderer Testfahrer, Sebastian Vettel
Um ehrlich zu sein, bin ich nicht gerade vor Freude in die Luft gesprungen, als ich für einen Videodreh mit dem neuen Auto, das Ferrari auf dem Pariser Autosalon lanciert hat, einen weiteren Tag in Montmeló bleiben musste.
Ich weiß, ich weiß, einige von Ihnen werden sich fragen, warum ich mich darüber aufgeregt habe. Und Sie haben wohl Recht. Zu meiner Verteidigung sollte ich aber erwähnen, dass am vorangegangenen Wochenende der Große Preis von Italien stattgefunden hatte. Das ist immer eine große Sache für Ferrari. Außerdem hatte ich auf der Strecke in Barcelona Reifen getestet, und es standen die Ferrari Racing Days in Hockenheim bevor.
Danach sollte ich mit dem Rest des Teams zum 15. Formel 1-Grand Prix nach Singapur fliegen. Es standen also einige Termine mit zahlreichen Reisen und wenigen Ruhepausen in meinem Kalender.
Das alles war aber schnell vergessen, als ich auf die Strecke kam und das Auto in natura sah.
Dies war das erste Mal, dass ich den neuen LaFerrari Aperta aus nächster Nähe zu Gesicht bekam. Natürlich war ich schon ein paar Mal mit dem LaFerrari gefahren. So hatte ich, kurz nachdem ich zum ersten Mal nach Maranello gekommen war, das Glück, den sagenhaften FXX K rund um Fiorano zu fahren [TOFM, Ausgabe 28].
Manche von Ihnen erinnern sich vielleicht, dass ich von dem Wagen hin und weg war. Das einzige, was ich herausbrachte, war: „Mamma Mia!“ Bislang hatte ich nur Fotos vom Aperta gesehen. Als er dann direkt vor mir stand, bekam ich Gänsehaut. Außerdem war er rot, was mir gefällt, weil ich klassische Farben und Konfigurationen bevorzuge, wenn es um Ferraris geht.
Zuerst musste ich mich aber zurückhalten. Und ich musste auch das Auto zurückhalten.
In der ersten Phase des Shootings war das Exterieur des Ferraris mit Videokameras übersät, die nur von Saugnäpfen gehalten wurden. So mussten mich die Techniker immer wieder daran erinnern, maximal 100km/h zu fahren, damit sie nicht „davonfliegen“. Das war hart. Versetzen Sie sich einmal in meine Lage: Auf der Rennstrecke zu sein heißt für mich Geschwindigkeit.
Rennfahren macht keinen Sinn, wenn man nicht ans Limit geht. Das war also Folter. Jedes Mal, wenn der Tacho auf 120-130km/h zeigte, musste ich meinen Fuß vom Gas nehmen.
Im zweiten Teil des Shootings konnte ich dann endlich Gas geben. Die Videokameras kamen runter, und ich hatte nur ein Fahrzeug mit einer Kamera auf einem Russian Arm [einer speziellen Vorrichtung hinten auf einem SUV für schnelle Kamerafahrten] neben mir. Da konnte ich endlich richtig loslegen. In einem Cabrio so schnell zu fahren, ist einfach unglaublich!
Der Sound des großen 12-Zylinder-Motors war Musik in meinen Ohren. Der „normale“ Wagen ist schon eine Sensation für sich, aber ohne Dach ist es ein noch intensiveres und emotionaleres Erlebnis.
Wie bei der Coupé-Version steckt im Aperta die gesamte Power eines F1-Autos. Dank elektronischem Differential ist aber das Übersteuern viel einfacher zu kontrollieren. Es ist ein spektakuläres Supercar mit einer unglaublichen Beschleunigung und einem exzellenten Handling.
Bei einem Auto mit dieser Power braucht man volles Vertrauen in das Chassis, das perfekt auf sein Ansprechverhalten abgestimmt sein muss. Der LaFerrari Aperta nutzt dafür die neueste Technologie, aber die Lenkung ist präzise und der Wagen perfekt ausgewogen.
Anfangs fuhr ich im Rennmodus, aber es dauerte nicht lange, bis ich die Stabilitätskontrolle mit dem Manettino deaktivierte und die vollen 963 PS entfesselte! Es war phantastisch, ein echtes „Fahrerauto“. Um einen der italienischen Ausdrücke zu verwenden, den ich als erstes gelernt habe: Che figata! [Geil!] Nicht sehr poetisch, aber es trifft den Nagel auf den Kopf.
Ich nehme an, Sie möchten wissen, wie schnell ich gefahren bin, aber ich habe geschworen, dass ich es nicht verrate. Denken Sie einfach an eine schöne große Zahl und legen Sie noch etwas oben drauf, dann haben Sie eine Ahnung. Das ist also meine Geschichte von einem ganz besonderen Tag. Ich musste einen Job machen, der mir fremd ist – Schauspielen – aber ich musste auch tun, was ich am besten kann und am meisten liebe: Fahren auf einer Rennstrecke.
Und das alles im LaFerrari Aperta, einem absolut phantastischen Wagen. Ich bin ein Glückspilz.