Der 296 GTB machte nicht nur mit seiner innovativen V6-Hybridtechnologie Schlagzeilen, sondern auch mit seinem schlichten, eleganten Design
TOFM: Gibt es eine Phase in der Geschichte von Ferrari, in der besonders viel Inspiration herrschte?
FM: Nun, es gab in jedem Jahrzehnt Meisterwerke. Trotzdem möchte ich sagen, dass die Autos in den 60er Jahren eine sehr sinnliche und romantische Form besaßen. Und diese Art von Sinnlichkeit bei der Formgebung wird heute als Teil der Identität von Ferrari angesehen. Der 296 GTB ist ein gutes Beispiel dafür. In ihm finden wir ein wunderschönes Gleichgewicht zwischen sehr klaren, scharfen Linien und sinnlichen, abgerundeten Formen, die zum Streicheln des Autos einladen.
TOFM: Der 250 LM scheint einen sehr starken Einfluss auf den 296 GTB gehabt zu haben.
FM: Wir haben uns an das Design des 250 LM angelehnt, weil ich der Meinung war, dass es perfekt zum 296 passte, der ein sehr kompaktes Auto ist. Die hinteren Lufteinlässe des 250 LM befinden sich in den Kotflügeln, die wie Muskeln auf der Silhouette des Wagens aufliegen. Das ist wahrscheinlich eines der charakteristischsten Elemente dieses Autos.
Der kompakte 250 LM mit Mittelmotor, der 1963 auf den Markt kam, hat den 296 GTB deutlich beeinflusst
TOFM: Denken Sie, dass es in Zukunft mit der Weiterentwicklung der Hybridtechnologie für Ferrari zu einer größeren Herausforderung werden wird, die Vergangenheit als Inspirationsquelle zu nutzen?
FM: Wenn wir es mit einer sehr innovativen Technologie zu tun haben, muss das Design diese widerspiegeln. Der 296 ist ein sehr modernes Auto, dem es jedoch gelingt, seine Sportlichkeit mit der Eleganz der Vergangenheit zu verbinden.
TOFM: Gibt es für Sie neben der alten Ferrari-Meisterwerke auch andere Inspirationsquellen?
FM: Wir finden überall Inspiration. Architektur zum Beispiel. Die Meisterwerke der italienischen Designer der 60er und 70er Jahre sind eine unglaubliche Inspirationsquelle. Und in meinem Büro steht eine wunderschöne Hi-Fi-Anlage von Brionvega von Castiglioni, die immer noch überraschend frisch ist, obwohl sie bereits 1965 entworfen wurde.
LaFerrari, der erste Hybridwagen mit 963 PS, wurde unter anderem vom Bildhauer Anish Kapoor inspiriert
TOFM: Gibt es einen Ferrari, der mit besonders ungewöhnlichen Designeinflüssen überrascht?
FM: Als wir den LaFerrari entwarfen, ließ ich mich von den Skulpturen von Anish Kapoor inspirieren. Natürlich wollten wir keine organischen Formen wie die Kapoor-Skulpturen schaffen, aber sie gaben uns eine Idee, wie man eine Verbindung zwischen der Innen- und Außenfläche des Wagens herstellen könnte. Doch beim 296 GTB ging es um Eleganz und Schlichtheit. Es gibt einen schönen Satz des berühmten Bildhauers Constantin Brâncuși, der auf die Frage, was Einfachheit für ihn bedeute, antwortete: „Einfachheit ist aufgelöste Komplexität“. Und ich denke, das war immer unser Motto bei der Entwicklung des 296 GTB.
Von allen Ferraris ist es der 330P4, der in Flavio Manzoni die größte Begeisterung auslöst
TOFM: Und zum Abschluss: Haben Sie einen Lieblings-Ferrari?
FM: Das ist kein Geheimnis. Ich habe eine große Leidenschaft für den Ferrari 330P4. Die Form des Autos war so elegant und sinnlich – und doch war es ein technisches Produkt, das für die Rennstrecke konzipiert wurde. Dieses Auto ist von einer erstaunlichen Schönheit.