Ferrari ist wohl eher für sein Karosseriedesign bekannt. Aber auch beim Interieur ist die Marke Branchenführer
Ferraris waren schon immer eine taktile Angelegenheit. Im Jahr 2023 hat das Konzept der ‚Konnektivität‘ jedoch eine spektakuläre neue Dimension erreicht. Ferrari war von Anfang an ein technikorientiertes Unternehmen sowie Vorreiter beim Design und ist in beiden Disziplinen auch heute noch überlegen. Anerkennung gebührt aber auch den Teams, die an der MMS – der Mensch-Maschine-Schnittstelle – arbeiten. Ferraris Streben nach Innovation ist unantastbar. So wurden das Interieur und die Leistungsfähigkeit der Autos gänzlich neu konzipiert.
Der Purosangue treibt die Dinge wahrscheinlich auf die Spitze, wie es sich für seine Rolle als erster Ferrari-Viertürer gehört. Ein Auto, das unverblümt eine fast avantgardistische Kabinenarchitektur zur Schau stellt. Zwei Instrumententafeln ziehen sich quer durch die Kabine, eine für den Fahrer, die andere für den Beifahrer, mit Lüftungsöffnungen und vollständigen Info-Displays auf beiden Seiten. Ferrari zielt darauf ab, allen vier Passagieren ein herausragendes emotionales Engagement zu bieten.
Die beiden ‚Flügel‘ laufen in der Mitte zusammen und bilden einen topografischen Schnörkel. Darunter befindet sich eine Funktion, das ein Novum für den Purosangue darstellt und einen physischen Kontaktpunkt in einer Umgebung einführt, die hauptsächlich auf Digitalisierung und Haptik basiert. Ein zylindrisches Bedienfeld, das beim Antippen sanft aus dem Armaturenbrett herausfährt und dem Fahrer oder Beifahrer Zugriff auf Klimasteuerung, Sitzheizung oder Sitzmassage bietet.
Das Cockpit des Purosangue orientiert sich teilweise am SF90 Stradale. Sein Einfluss ist auch im 296 GTB spürbar, einem Auto, das viele Kritiker in den Pantheon der Ferrari-Größen aufgenommen haben. Er ist Teil der Mittelmotor-Baureihe, die bis zum 308 GTB von 1975 zurückreicht, wird jetzt offenbar aber von einem hybridisierten V6-Motor mit Turbolader angetrieben, dessen Verbrennung und Elektrik erstaunlich gut harmonieren.
Aber auch im Inneren können wir sehen, wie 50 Jahre Fortschritt in Konnektivität aussehen. Ein weiteres Auto dieser beliebten Baureihe, der F430 von 2004, hat als erstes den Manettino eingeführt, einen am Lenkrad montierten Drehschalter, mit dem der Fahrer die Chassis-Einstellungen des Fahrzeugs sofort steuern kann. Ein inspirierendes und unvergleichliches Beispiel für ergonomisches Denken.
Nun kommen auf einem Ferrari-Lenkrad eine Vielzahl weiterer Funktionen hinzu. Blinker, Lichter und Scheibenwischer werden jetzt über eine Schaltvorrichtung am Lenkrad gesteuert (seit dem 458 Italia), aber der 296 GTB erweitert das Setup, das erstmals beim Ferrari Roma auftauchte und berührungsempfindliche Daumen-Pads an den Lenkradspeichen verwendet. Sie ermöglichen den Zugriff auf verschiedene Untermenüs, die auf dem 16-Zoll-Hauptdisplay des Instruments angezeigt werden, das wiederum durch das Lenkrad gut sichtbar ist.
Der Fahrer kann zwischen Navigation, Medien und Kommunikation wechseln, wobei jede Daumenbewegung von einem subtilen kleinen ‚Rauschen‘ begleitet wird. Drei verschiedene Hauptanzeigemodi sind verfügbar, obwohl die Standardeinstellung vielleicht die beste und emotionalste ist: Ein überdimensionierter Drehzahlmesser hat hier Vorrang. Man beachte, dass beim neu eingeführten Roma Spider ein leichtes zusätzliches Summen unter den Daumen-Pads zu spüren ist, um die Modus-Auswahl zu betonen. (Außerdem sind ADAS – fortschrittliche Fahrerassistenzsysteme – eingebaut, deren Reichweite individuell konfiguriert und über eine Lenkradtaste gesteuert werden kann.)
Was anfangs ein wenig einschüchternd wirken kann, ist rundum intuitiv, sobald man sich mit der Steuerlogik vertraut gemacht hat. Und sicherer, so die Designer. Laut Ferrari ist dies alles Teil der Philosophie ‚Augen auf die Straße, Hände ans Lenkrad‘. So wurden biometrische Tests durchgeführt, um empirisch nachzuweisen, dass der Fahrer weniger abgelenkt wird.
Nicht vergessen: Es gibt auch die Option eines Lenkrads mit eingesetzten LEDs an der Oberseite, die rot bis blau aufleuchten, wenn sich das Auto der Drehzahlgrenze nähert. Eine weitere haptische Taste, die sich auf der linken Seite des Armaturenbretts befindet, verstellt die Außenspiegel. Traditionelle Türgriffe gehören nicht mehr zur Innenausstattung von Ferrari, zum Aussteigen muss man nun einen diskreten Knopf drücken.
Ferraris Centro Stile ist ein modernistisches Unternehmen, hat aber seine nostalgische Seite offenbart, indem es den Gangwahlschalter so überarbeitet hat, dass er das Open Gate-Layout so vieler klassischer Ferraris nachahmt. Es ermöglicht dem Fahrer, nahtlos zwischen M für manuell, R für Rückwärtsgang usw. zu wechseln. Das Ganze ist Teil eines Vereinfachungsprozesses, der den Fahrer jedoch so intelligent wie möglich mit der Maschine verbindet. Und in diesem Fall auch mit der Vergangenheit…