Text Jason Barlow
Dank dem großen italienischen Straßenrennen werden Ferraristi aus der ganzen Welt ein Teil der Geschichte
Die Mille Miglia 2016 beginnt diese Woche. Das unschlagbare Kronjuwel der historischen Automobilwelt ist oft besonders italienisch: eine spannende und nicht selten chaotische 1.000 Meilen-Werbung für den unzerstörbaren Reiz des Automobils (und Italien, nebenbei bemerkt).
Obwohl heutzutage als Gleichmäßigkeitsrallye veranstaltet, ist der berühmte „rote Nebel“ nach wie vor zu spüren. Als jemand, der in den letzten drei Jahren daran teilgenommen hat, kann ich das voll und ganz bestätigen. Dennoch war es einst ein authentisches Rennspektakel auf legendären Straßen inmitten einer atemberaubenden Landschaft, unterstützt von leidenschaftlichen Fans.
Das erste Rennen wurde 1927 von Graf Aymo Maggi und Franco Mazzotti organisiert, die offenbar unglücklich waren, dass ihre Heimatstadt Brescia ihren Status als Italiens Mekka des Motorsports an Monza verloren hatte. Siebenundsiebzig Autos fanden sich am 26. März 1927 am Start ein, um die Strecke in Form einer Acht von Brescia nach Rom und wieder zurück in Angriff zu nehmen. 23 weitere Ausgaben sollten folgen, bevor 1957 das Schicksal zuschlug.
Es ist ein Rennsportereignis, das viele große Namen hervorbrachte. Alfa Romeo steht nach wie vor hoch im Kurs, nicht zuletzt, weil die Bilanz von 11 Siegen bei der Mille Miglia nie geschlagen werden wird.
Jeder Autosammler, der etwas auf sich hält, wünscht sich einen 6C 1750 wie jenen, den Tazio Nuvolari im Jahr 1930 zum Sieg fuhr. Rudolf Caracciola gewann im folgenden Jahr in einem Mercedes-Benz SSK, die einzige Unterbrechung einer zehnjährigen Siegesserie des Mailänder Unternehmens, dessen Rennerfolge natürlich von Enzo Ferrari im Auge behalten wurden.
Enzos im Entstehen begriffene Autofirma Auto Avio Costruzioni nahm 1940 an dem Ereignis teil, das nach einem Jahr Pause wieder aufgenommen wurde und einige Male über dieselbe Strecke, statt wie bisher über die 1.000-Meilen Schleife führte (erstaunlich, dass das Rennen überhaupt stattfand, wenn man bedenkt, was in Europa vor sich ging, und tatsächlich fiel es zwischen 1941 und 1946 aus).
Nachdem er im Jahr 1947 seine eigene Firma gegründet hatte, stand die Mille Miglia hoch oben auf der ehrgeizigen Liste des alten Herrn. Einen der ersten Erfolge verzeichnete Ferrari 1948 mit dem Sieg von Clemente Biondetti in einem 166 S; er bewies, dass das aufstrebende Maranello-Team keine Eintagsfliege war, indem er 1949 im 166 MM Barchetta gewann. Ferrari gewann im Jahr darauf mit dem Aristokraten Giannino Marzotto aus Vicenza, der bekanntlich in einem zweireihigen Anzug fuhr.
1953 siegte Marzotto erneut in einem Ferrari - einem 340 MM mit Vignale-Karosserie - (in den Jahren 1951 und 1952 konnte das tänzelnde Pferd ebenfalls Siege verbuchen), und 1955 gewann Stirling Moss mit seinem Navigator Denis Jenkinson in einem Mercedes.
Ihr Auftritt in diesem Jahr wird oft als spektakulärste Fahrt aller Zeiten bezeichnet. Moss fuhr die Strecke in 10 Stunden und 7 Minuten, mit durchschnittlich 98 Meilen pro Stunde.
„Der Gewinn der Mille Miglia war eine schwierigere Herausforderung als Le Mans“, sagte er mir vor kurzem. Die Belastung für das Auto war viel höher, man fuhr auf öffentlichen Straßen. Die Targa Florio konnte ich einstudieren, ich wusste, wie man das Auto auf jede Kurve abstimmt. Bei der Mille Miglia war das nicht möglich: Man kann keine 1.000 Meilen einstudieren. Um ehrlich zu sein, war die Mille Miglia das einzige Rennen, das mir wirklich Angst einflößte, zumindest bis zu dem Zeitpunkt, als die Flagge geschwenkt wurde.“
Vielleicht hatte Moss Recht, vorsichtig zu sein. Im Jahr darauf war es für ihn und Jenks in ihrem Maserati 350S sehr knapp. Eugenio Castellotti gewann für Ferrari im 290 MM; 1957 triumphierte Piero Taruffi in einem Ferrari 315 S.
Diese Ausgabe nahm jedoch einen verhängnisvollen Verlauf und war zugleich die letzte der ursprünglichen Mille Miglias. Ferraris anderer großer Fahrer, Alfonso de Portago, verlor in der Nähe des Dorfes Guidizzolo die Kontrolle über seinen Wagen. Bei diesem Unfall kamen er selbst, sein Beifahrer und neun Zuschauer ums Leben.
Die ebenso glorreiche wie tragische Geschichte wiegt schwer in den Köpfen aller, die in dieser Woche die Strecke in Angriff nehmen. Und das zu Recht.