Text: Robert Coucher
Bei der Ausgabe 2017 versammelten sich einige der am meisten verehrten Ferraris zu einem toskanischen Abenteuer
„Ferrari-Kunden, die klassische Ferraris fahren, sind etwas ganz Besonderes“, sagt Piero Ferrari, Sohn von Enzo und Vizepräsident des Unternehmens. Klar, dass die Cavalcade Classiche zum 70-Jahr-Jubiläum von Ferrari auch außergewöhnlich ist – eine Feier der DNA der großen Marke, die auf ihre Gründung im Jahr 1947 zurückgeht.
70 namhafte Ferraris aus mehr als 20 Ländern wurden vom 5.-9. Mai zur Teilnahme an der Cavalcade Classiche Gleichmäßigkeitsrallye, einer vielversprechenden dreitägigen Fahrt quer durch die wunderschöne Toskana eingeladen.
Ausgangspunkt der Cavalcade ist das Augustus Hotel, zu dem auch die Villa Agnelli in der Küstenstadt Forte dei Marmi, einem beliebten Badeort der italienischen High Society, zählt. Die Ferraris werden auf dem Hotelparkplatz, wo die offenen Barchettas unter Dach geparkt sind, überprüft und mit Rallye-Nummern versehen. Rosso Corsa ist die vorherrschende Farbe, und diese Auswahl an Sportwagen, viele in Silber, Blau und Giallo FLY, sieht im Abendlicht atemberaubend aus.
Ein 125 S – der allererste Ferrari, der die berühmte Fabrik verlassen hat – lockt bald eine Menschenmenge an. Weitere Modelle sind ein 166 MM, ein 212 Inter, ein 340 MM, noch ein 166 MM, ein 250 GT Tour de France und ein 250 GT SWB California, sowie zahlreiche 275 GTBs, 330s, Daytonas, Dinos, ein 288 GTB und der neueste LaFerrari Aperta, in aggressivem Schwarz lackiert.
Ich fahre in einem 1956 Ferrari 860 Monza, einem reinrassigen Rennsieger mit tadelloser Geschichte, mit. Am nächsten Morgen lenken wir das noch nicht ganz warmgelaufene Auto durch die engen Gassen ins Zentrum von Forte dei Marmi und zur Startaufstellung. Dort erhalten wir unsere Zeitkarte für die Gleichmäßigkeitsprüfung und werfen einen Blick in das Streckenbuch mit Chinesenzeichen, das uns zur Stadt Lucca mit der berühmten Stadtmauer führt. Unsere Startzeit scheint auf, eine Ferrari-Flagge wird geschwenkt und los geht's. Mein Beifahrer kann es nicht lassen, ein bisschen „anzugeben“, also bringt er den 860 auf Touren, läßt die Kupplung schnalzen und die Menge tobt.
Die Route am Vormittag zu unserer ersten Kaffeepause in der beeindruckenden Villa Reale ist wunderschön und die Straßen anspruchsvoll, besonders da der Regen zu prasseln anfängt. Egal.
Dank „hilfsbereiter“ Polizisten auf Motorrädern, die die Straße freimachen, bahnt sich die Cavalcade ihren Weg nach Lucca zum Mittagessen in der prächtigen barocken Umgebung des Palazzo Pfanner, bevor es über eine 100 km lange Panoramastrecke durch die Hügel zurück nach Forte dei Marmi geht.
Am zweiten Tag fahren die Autos entlang der Küste bis zur Küstenstadt Lerici am Golf von La Spezia, wo die Sonne scheint und geradezu perfekte Straßenverhältnisse herrschen. Der letzte Tag beinhaltet eine temporeiche Fahrt durch die Apenninen nach Modena zum Mittagessen im Museo Enzo Ferrari, gefolgt von ein paar Runden auf Ferraris Rennstrecke in Fiorano, mit Abschluss in der Fabrik in Maranello. Hier wird die Cavalcade wirklich aufregend und die Autos kommen so richtig in Fahrt.
Auf der Schnellstraße Via Abetone, die Ferrari vor Fiorano als Teststrecke diente, mit den heulenden Sirenen der Polizeimotorräder und den Carabinieri, die die Straße freimachen, beginnen die Ferraris zu „singen“. An den sicheren Stellen lassen sich die Fahrer zu ein paar Überholmanövern hinreißen und jagen diese herrliche Straße nach Maranello entlang.
Die Cavalcade Classiche hat sich als mehr als nur ein aufregendes Erlebnis erwiesen. Das 70-Jahr-Jubiläum dieser großartigen Marke zu feiern, war für ein paar ihrer wichtigsten Kunden ein besonderer „Leckerbissen“. Hervorragende Straßen mit durchgehendem Fünf-Sterne-Service, natürlich. Darüber hinaus bietet die Cavalcade Classiche aber vor allem einen einzigartigen Zugang zu „Ferraris Italien“.