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24 Aug 2021Magazine, Cars

Mit dem Roma in Schottland

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Mit dem Roma in Schottland

Das letzte Mal, als ein technologisch fortschrittlicher Besucher aus Rom nach Schottland kam, nahm das kein gutes Ende. Zwei Jahrtausende später folgt ein Ferrari Roma den Spuren der antiken Legionäre entlang dem Antoninuswall und bringt den Komfort eines Grand Tourers in eine hinreißende Landschaft

Text – Adam Hay-Nicholls

Fotos - John Wycherley<br>Video – George Howson<br>Editor - Peter Davies

Ein dramatisch schöner, aber unfassbar wilder Ort, der am weitesten entfernte, zu dem die Römer je vorstießen, wird durch den Antoninuswall markiert.

Diese mit Gras überwachsene Befestigungsanlage zieht sich an der schmalsten Stelle der britischen Insel, nördlich von Edinburgh and Glasgow, über eine Länge von 63 Kilometern quer durch Schottland. Der Wall erstreckt sich von Old Kilpatrick am Firth of Clyde im Westen bis Bo’ness am Firth of Forth an der Ostküste.

Die Römer gaben den Wall, der ca. 142 n. Chr. unter Kaiser Antoninus Pius erbaut wurde, bereits zwanzig Jahre später auf, um sich 160 Kilometer nach Süden zum bereits zuvor errichteten und massiveren Hadrianswall zurückzuziehen, der auf dem Gebiet der heutigen nordenglischen Grafschaften Cumbria, Northumberland und Durham verlief.

Gerüstet mit einem Ferrari Roma, machte ich mich 1.859 Jahre später zu einer vergnüglichen Rückkehr in die uneinnehmbaren Lowlands auf. Was mir vorschwebt, ist eine gemütliche Fahrt auf den Haupt- und Nebenstraßen entlang dem Antoninuswall, von dem einige Teile auch heute noch sichtbar sind. Die urbane Grand-Touring-Karosserie und der gemütliche Doppelcockpit-Innenraum meines Roma mit ‚Argento Nürburgring‘-Lackierung bieten Schutz vor dem unverändert gnadenlosen schottischen Klima. Der Twin-Turbo-V8 mit 620 PS beweist, dass die italienische Ingenieurskunst weiter stark im Aufwind ist. Diesmal konnten sich die Einheimischen ihren Reizen meist nicht entziehen.




Der Ferrari Roma bei den Ruinen des Rough Castle, deren Erhöhungen im Hintergrund auf die antiken Bollwerke des Antoninuswalls hinweisen





Meine Fahrt beginnt am Blackness Castle, einem Bauwerk, das genau so düster und bedrohlich wirkt, wie sein Name vermuten lässt. Seine drei steinernen Türme aus dem 15. Jahrhundert blicken über den Firth of Forth auf die Rosyth-Werft, die auf eine lange Geschichte im Bau von Fregatten und Flugzeugträgern für die Royal Navy verweisen kann. In der Mitte des zweiten Jahrhunderts n. Chr. wimmelte es an dieser Mündung von römischen Langschiffen, die von Rudersklaven angetrieben wurden.

Dieses äußerste östliche Ende des Antoninuswalls begann ursprünglich etwa fünf Kilometer entfernt bei Carriden, doch es gibt dort keine sichtbaren Überreste. Die ersten Hinweise auf einen alten Graben und ein Kastell finden sich ein Dorf weiter entlang der A904, in Bo’ness, das ein faszinierendes Motorsport-Erbe hat. Der Bo’ness Hill Climb wurde 1934 gegründet und befindet sich auf dem Kinneil Estate. Er war Schottlands erste eigens gebaute Rennstrecke und kreuzte direkt den Antoninuswall. In seiner Glanzzeit in den 1950er und 1960er Jahren fuhren hier legendäre Fahrer wie Stirling Moss, Jim Clark und Jackie Stewart, und auch ein Kapitel Ferrari-Geschichte wurde hier geschrieben.




1949 kam der Industrielle und gelegentliche Formel-1-Fahrer Dennis Poore – der 1950 die Gründung des Magazins Autosport finanzierte – in Bo’ness mit einem ehemaligen Alfa Romeo Tipo 8C35 der Scuderia Ferrari samt Cavallino Rampante-Plaketten an.

 Der 3,8-Liter-Einsitzer war zuvor, in den Jahren 1935/36, vom glücklosen britischen Fahrer Dick Seaman und vom Schweizer Rennfahrer Hans Ruesch gefahren worden. Poore hatte die scharlachrote Lackierung des Wagens in die Farbe Westminster Green ändern lassen und gewann das Bergrennen von 1949 auf der nur 800 Meter langen Strecke mit einer Zeit von 33,9 Sekunden. Der Bo’ness Hill Climb lief bis 1966 und feierte 2008 sein Revival.

Ich fahre weiter auf der B816 und komme an Seabegs Wood vorbei, wo der Wall und die Militärstraße noch zu sehen sind, streckenweise gesäumt von hübschen Wäldern. Die Straße, die nach den morgendlichen Regenschauern nun zu trocknen beginnt, folgt dem Lauf des Forth and Clyde Canal. Ich wähle am Manettino den ‚Race‘-Modus, einfach nur, um den unglaublichen Motorsound des Roma in voller Lautstärke zu hören. 




Der Grand Tourer brachte einen Hauch von italienischem Stil in die schottischen Dörfer entlang der alten Festungsanlagen 




Der schicke Glasgower Vorort Bearsden hat zwei interessante Sehenswürdigkeiten. Eine davon ist der New Kilpatrick Cemetery, wo zwischen Gräbern aus dem 19. und 20. Jahrhundert die Steinfundamente des Antoninuswalls freigelegt wurden, einschließlich der Bordsteine, Pflastersteinfüllungen und Wasserabflussrinnen. Die zweite Sehenswürdigkeit ist das Bearsden Bath House, in dem das Regiment sich wusch und nach dem Dienst erholte. Freigelegt wurde diese Stätte von nichtsahnenden Bauarbeitern in den 1970er Jahren, zu sehen sind heute die Überreste heißer und kalter Bäder und mehrerer Dampfbäder. Die Ruine wird jetzt von einem vierstöckigen Seniorenheim überragt.

Ich komme am nördlichen Ufer des Clyde an, wo der Antoninuswall einst endete, im Dorf Old Kilpatrick in West Dunbartonshire. Interessanterweise sind wir weniger als drei Meilen von dem bescheidenen Bungalow in Milton entfernt, in dem der bereits erwähnte schottische Rennfahrer Jackie Stewart aufwuchs und in der Familienwerkstatt das Mechanikerhandwerk erlernte, bevor er sich aufmachte, nicht weniger als drei Formel-1-Weltmeisterschaften zu gewinnen. Mitte der 1960er Jahre nahm er auch an mehreren renommierten Langstreckenrennen teil und fuhr dabei verschiedene Ferraris, darunter den 250 GTO, 250 LM, 275 P2 und den 330 P4.




Bowling Harbour: in der Nähe des westlichsten Endes der Mauer bei Old Kilpatrick, wo der Firth of Clyde auf den Atlantischen Ozean trifft  




Die letzte Station für den Roma ist Bowling Harbour, das einen umwerfenden Ausblick auf den Fluss Clyde bietet. Ferrari hatte die Erlaubnis erhalten, dort zu filmen, mit den hübschen Segler-Anlegestellen und den Fischerbooten als Kulisse. Doch obwohl der Hafenmeister dabei ist, regt sich Widerstand von einer Hausboot-Bewohnerin. Nach einem – ich schwöre – sanften Tritt ins Gaspedal marschiert eine ziemlich kräftige Lady in schwarz-orangem Elasthan auf uns zu und beschwert sich in erster Linie über die Liegeplatzgebühr, die ihr Scottish Canals aufbrummt. Sollten wir nicht sofort verschwinden, würde sie das Tor schließen und uns einsperren. Genau wie vor fast zwei Jahrtausenden, als die wütenden Pikten die Römer zurückdrängten, fühle ich mich gezwungen, meinen Rückzug vom Antoninuswall anzutreten.




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