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Giosuè Boetto Cohen

Ein sagenumwobener Ferrari 166 Inter wurde von zwei belgischen Sammlern „gerettet“ und – mit Hilfe der Expertise von Ferrari Classiche – wieder ins Leben zurückgeholt.


Dies ist die Geschichte eines ganz besonderen Ferrari 166 Inter — geboren 1950, und 2019 erneut zum Leben erweckt. Vielleicht ist dieses besondere Modell mit einer Karosserie, die von den Stabilimenti Farina stammt, nicht der schönste Rote aller Zeiten, doch es ist mit Sicherheit ein Kunstwerk. Und es war die Wertschätzung dieses Autos als Oeuvre, die die belgischen Filmindustrie-Unternehmer Nicolas und Joost Bert veranlasste, eine kostspielige Restaurierung durchzuführen. Nicolas Bert, der die Freuden und Lasten des Eigentums an dem wiedergeborenen 166 mit seinem Vater Joost teilt, erklärt: „Es ist ein einzigartiges Objekt. Und es gehört uns.“

Auf die Frage, weshalb diese allerersten Ferraris eine derartige Anziehungskraft besitzen – abgesehen davon, dass sie die Urahnen einer Legende sind – antwortet Nicolas: „Ich denke, es hat mit Einfachheit zu tun, mit ihrer schlichten Schönheit. Aus der Nähe betrachtet sind die Linien des Autos einfach. Die Form ist rein und in manchen Aspekten moderner als andere Ferraris aus derselben Epoche. Sehen Sie sich nur diesen rechteckigen Kühlergrill an.“

Dieses Auto hat eine lange und – zeitweise – bewegte Geschichte. Nachdem er 1950 und 1951 auf zwei Autosalons ausgestellt worden war, begann das „Privatleben“ des 166 in den Händen des Schweizer Rennfahrers Baron Emmanuel „Toulo“ De Graffenried, der den britischen Grand Prix von 1949 gewann. Doch „Toulo“ benutzte seinen neuen Spider nur ein Jahr lang. Der zweite Besitzer war Charles-Edmond Tocchio, von dem Fotos bei der Fahrt über den Col de la Faucile in Frankreich und auf dem „Kilometer" von Eau Morte in der Schweiz existieren. Doch im September 1953 enden die Fotos. Elf Jahre später folgt dann der erste Coup: Der Wagen wird vor sich hinrostend auf einem Schrottplatz in der Nähe von Zürich gefunden.

Robert De La Rive Boxe, ein niederländischer Oldtimer-Händler, wittert eine einzigartige Gelegenheit und kauft ihn. Wenig später verkauft er das Wrack an Bernard Worth, einen Restaurierungsexperten in England. Worth glaubt, dass das Farina-Fahrgestell irreparabel ist. Und nicht nur das: Er beschließt außerdem, den Rahmen zu verkürzen, um ihm die Form eines „Spyder Corsa“ von Lorenzini Auto Sport zu verpassen. Doch den originalen Kühlergrill behält er bei.

Nachdem Worth den Wagen verkauft hat, wechselt dieser vier weitere Male den Besitzer, bevor er 1991 auf „The Auction“ in Las Vegas wieder auftaucht. Das Event bot eine einzigartige Gelegenheit, denn es gab dem, was von dem Original-Fahrgestell 0063s noch übrig war, einen Preis: 204.705 US-Dollar. Dieser Preis fiel 1999 auf 90.500 USD, als der Wagen bei Christie’s verkauft wurde. Zu den darauf folgenden neun Jahren gibt es keine Zeugnisse. Doch als das Fahrgestell wieder auftauchte – 2008 auf der 20. Techno-Classica in Essen — erkannte es niemand. Das rote Spider-Fahrgestell war verschwunden: An seine Stelle war eine – ziemlich gut gemachte – Replik eines Touring Barchetta getreten.

2014 schließlich wurde der Wagen den Berts von einem weiteren Händler angeboten: Die beiden Männer wussten, dass er die meisten seiner Teile verloren hatte. Doch das Touring-Design war ziemlich auffallend und der Preis stimmte, und so kauften sie ihn. Der Brüsseler Händler riet seinen Kunden, die Restaurierungsexpertise von Maranello in Anspruch zu nehmen und bald war der Inter wieder „zu Hause“, hinter den originalen Werkstoren. Dort wurde er von den Ferrari Classiche-Experten unter die Fittiche genommen, die es als Herausforderung ansahen, eines der ersten Autos mit dem Cavallino Rampante, das jemals produziert wurde, ins Leben zurückzuholen.

Es gab nicht viel Originalmaterial, mit dem man noch hätte arbeiten können, doch in Maranello versprachen sie ein Wunder. Während die technische Dokumentation, die erforderlich war, um den Motor und andere mechanische Komponenten – ex novo – nachzubauen vorhanden war (in der Materialrechnung waren sogar Muttern und Schrauben verzeichnet), war die Sache für die Innenausstattung und den verchromten Soft-Top-Rahmen viel schwieriger, da Stabilimenti Farina 1953 geschlossen worden war. Basis für die Restaurierung waren Fotos aus der Epoche, Recherchen zu allem, was den Farina-Autos ähnelte und auf der ganzen Welt gefundene Dokumente.

Die Arbeiten dauerten über zwei Jahre und die Eigentümer kamen alle drei Monate vorbei, um den Fortschritt zu überprüfen. „Und es war jedes Mal eine Überraschung!“, ruft Joost aus. „Wie wunderbar ist es, ein Team wie das von Ferrari Classiche zu erleben. So viel Leidenschaft und Know-how habe ich in meinem Leben selten gesehen.“ Es dauerte gut zwei Jahre, doch schließlich wurde das Wunder wahr – und der Phönix war neu geboren.

 

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